
Die vier Gewohnheiten, die mein Leben verändert haben (und vielleicht dein gesamtes System neu verdrahten könnten)
Nicht alles, was sich im Alltag "normal" anfühlt, ist automatisch auch gesund. Man kann sehr funktional wirken, äußerlich kontrolliert, freundlich, leistungsfähig, und gleichzeitig innerlich komplett dysreguliert sein, dauerhaft im Stressmodus, ständig überreizt oder emotional abgeschnitten. Genau so lebte ich lange Zeit. Bis ich begonnen habe, mein Leben nicht lauter, nicht härter, sondern einfach anders zu gestalten.
Was mich am tiefsten verändert hat, sind diese vier Prinzipien, vier biologische Stellschrauben, die mein gesamtes System langfristig und nachhaltig kalibriert haben:
1. Krafttraining – nicht wegen Ästhetik, sondern wegen Biologie.
Es geht nicht um Disziplin. Es geht nicht um "Fitnessmotivation". Es geht um blanke Physiologie. Ab dem dritten oder vierten Lebensjahrzehnt verlieren wir jedes Jahr ungefähr ein Prozent unserer Muskelmasse, sofern wir nichts aktiv dagegen tun. Dieser Prozess, genannt Sarkopenie, ist kein kosmetisches Thema, sondern ein tiefgreifender biologischer Zerfall. Er betrifft unsere Haltung, Stabilität, Gelenke, Hormone, das Immunsystem und bei Frauen insbesondere auch die Knochendichte. Krafttraining ist hier kein Lifestyle-Thema. Es ist Prävention, Neuroregulation, hormonelles Gleichgewicht, Selbstwirksamkeit. Muskeln bedeuten Schutz vor Insulinresistenz, mehr neuroplastische Flexibilität, mehr Balance von Cortisol, Testosteron und Östrogen. Muskeln produzieren sogar Myokine, hormonähnliche Botenstoffe, die entzündungshemmend wirken, das Gehirn schützen und laut Studien depressive Symptome lindern können. Wer regelmäßig Gewichte hebt, erhöht den BDNF-Spiegel im Gehirn, ein Protein, das Lernen, emotionale Stabilität und neuronales Wachstum fördert. Wenn du dich leer, kraftlos oder reizbar fühlst, frag dich nicht zuerst nach der Ursache im Außen. Vielleicht fehlt deinem Körper schlicht ein muskuläres Fundament.
2. Kein Bildschirm am Abend – für besseren Schlaf und ein reguliertes Nervensystem.
Ich habe früher abends oft noch durch mein Handy gescrollt, Mails gecheckt, Reels angeschaut. Heute weiß ich: Es war nicht neutral. Blaulicht aus Bildschirmen unterdrückt die Ausschüttung von Melatonin, unserem Einschlafhormon. Aber nicht nur das Licht ist das Problem, sondern auch der Inhalt. Nachrichten, Reels, Push-Benachrichtigungen aktivieren Cortisol und Dopamin und halten dein sympathisches Nervensystem in Alarmbereitschaft, auch dann, wenn du schon längst im Bett liegst. Seit ich mir abends eine feste, bildschirmfreie Zeit nehme, etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen, hat sich mein gesamter Schlaf verändert. Ich schlafe schneller ein, träume klarer, fühle mich regenerierter. Kein Zufall. Das ist kein spiritueller Tipp. Das ist Neuroendokrinologie.
3. Die erste Stunde am Morgen – kein Handy, kein Feed, kein künstlicher Dopaminkick.
Wie du deinen Tag beginnst, beeinflusst die Qualität deines gesamten Tages. Wenn du morgens noch im Bett liegend sofort aufs Handy schaust und dich überfluten lässt mit Nachrichten, To-do-Listen, Reizen und Problemen anderer, dann startest du mit einem massiven Dopaminschub. Und das hat Folgen: Tiefe Arbeit erscheint dir danach langweilig, dein Fokus zerfällt, du hetzt den nächsten Reizen hinterher. Ich habe gelernt, morgens das Außen bewusst zu verzögern. Stattdessen bewege ich mich, atme, schreibe oder plane den Tag. Diese langsame erste Stunde trainiert mein Gehirn, Dopamin wieder mit sinnvoller Anstrengung zu verbinden und nicht mit billigem, sofortigem Reward. Ich aktiviere so meinen präfrontalen Cortex, das Zentrum für Selbstkontrolle, Emotionsregulation, Planungsfähigkeit. Das Ergebnis: Mehr Klarheit. Mehr Fokus. Weniger Reizüberflutung.
4. Die Sinne verlangsamen – das fehlende Glied in der Regulation deines autonomen Nervensystems.
Viele Menschen funktionieren nur noch im Zustand des "eingefrorenen Hochbetriebs". Keine völlige Panik, aber unterschwellige Anspannung. Flache Atmung. Gehetztes Essen. Kein Gespür mehr für sich selbst. Worte alleine helfen da nicht. Das Nervensystem reguliert sich durch sensorischen Input, besonders durch Tempo. Ich habe gelernt, meinen inneren Takt bewusst zu drosseln. Ich kaue langsam, gehe achtsam, atme tiefer, berühre meinen Körper bewusst. All das aktiviert Vagusnerv, Interozeption, HRV – biologische Schlüsselprozesse der Selbstregulation. Das ist keine Esoterik. Das ist Polyvagal-Theorie, Somatik und Traumaforschung. Langsamkeit ist kein Luxus. Es ist ein Reset für ein überreiztes System.
Was ich dir sagen will: Das hier ist kein weiterer Motivationstext über Disziplin, Erfolg oder Selbstoptimierung. Es ist ein Manifest für dein Nervensystem. Wenn du dich leer fühlst, schnell reizbar bist, schlecht schläfst, wenig spürst, innerlich ständig unter Strom stehst, dann fang hier an. Nicht mit mehr. Mit weniger. Weniger Scrollen. Weniger Tempo. Weniger künstlicher Reiz.
Trainiere deinen Körper, damit er dich auch mit 70 noch tragen kann. Verzichte abends auf Bildschirme, damit dein Gehirn sich wieder regenerieren kann. Nimm dir morgens Raum, um deinen inneren Rhythmus zu spüren, bevor du das Außen reinlässt. Und verlangsame deine Sinne, damit dein Nervensystem endlich wieder durchatmen kann.
Joe Turan
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