Traumabindung

Veröffentlicht am 24. Mai 2025 um 08:50

"Ich kann nicht gehen, er, sie, ist doch mein Seelenpartner."

 

Immer wieder begegne ich in meiner Praxis Menschen, die an einem Punkt stehen, an dem sich ihr Herz an jemanden bindet, der sie nicht nährt, sondern zermürbt. Menschen, die sich nicht lösen können, obwohl sie leiden, obwohl sie weinen, obwohl ihr Körper längst Symptome zeigt und ihr Nervensystem in Daueranspannung lebt. Sie sagen dann Sätze wie: "Ich kann nicht gehen, er ist doch mein Seelenpartner."

 

Doch was, wenn das kein Zeichen tiefer, wahrer Liebe ist? Was, wenn das, was du da fühlst, keine spirituelle Verbindung, sondern ein psychobiologisches Muster ist? Was, wenn es sich nicht um Schicksal handelt, sondern um Traumabindung?

 

Traumabindung entsteht nicht durch bewusste Entscheidung, sondern ist das Ergebnis früher Beziehungserfahrungen, in denen wir als Kind emotional verletzt wurden, und dennoch auf diese verletzenden Personen angewiesen waren. Das kindliche Nervensystem ist nicht in der Lage, diesen Widerspruch zu integrieren: dass die Menschen, die wir lieben, uns gleichzeitig wehtun. Also entwickelt es Überlebensstrategien, die uns ermöglichen, Bindung aufrechtzuerhalten, denn Bindung bedeutete damals Sicherheit, Nahrung, Überleben.

 

Diese kindlichen Strategien funktionieren, aber sie haben einen hohen Preis: die Selbstverleugnung. Und so passiert es, dass wir als Erwachsene genau diese Dynamik wiederholen, nicht, weil wir dumm sind, nicht, weil wir schwach sind, sondern weil unser Nervensystem das kennt. Weil es vertraut ist. Und was vertraut ist, fühlt sich wie Heimat an, selbst wenn es weh tut.

 

Wenn du in einer Beziehung bleibst, in der du leidest, in der Nähe sich bedrohlich anfühlt und Distanz wie der Tod, dann ist das keine göttlich bestimmte Verbindung. Dann ist es ein Wiederholungskrampf. Ein Rückfall in das, was du als Kind gelernt hast zu überleben. Es ist der Versuch, das alte Drama zu heilen, indem du es nochmal und nochmal durchspielst, in der Hoffnung, dass es diesmal gut wird.

 

Aber es wird nicht gut,

weil du versuchst, eine Wunde mit denselben Werkzeugen zu heilen, die sie verursacht haben.

 

Wenn du dich fragst, warum du bleibst, obwohl dein Bauch längst "Geh" ruft, wenn du spürst, dass dein Herz zerreißt und du dennoch hoffst, dass alles gut wird, dann steckst du mitten drin: im emotionalen Entzug einer Traumabindung.

 

Was jetzt hilft, ist keine neue Beziehung, kein schneller Ersatz, kein romantisches Ideal. Was hilft, ist Heilung. Und Heilung beginnt mit Klarheit, und der Bereitschaft, ehrlich hinzuschauen.

 

Damit du aus dieser Dynamik aussteigen kannst, möchte ich dir einige klare, therapeutisch fundierte Tools und Protokolle mitgeben:

 

1. Radikale Selbsterkenntnis, werde ehrlich mit dir selbst:

Führe über mindestens drei Wochen eine tägliche Traumabindungs-Checkliste, in der du dokumentierst, welche konkreten Situationen dich emotional stark triggern, wie dein Körper darauf reagiert (z. B. Herzrasen, Zittern, Schlafstörungen), welche inneren Sätze dabei auftauchen, und warum du in der Situation bleibst, obwohl du flüchten möchtest. Ziel ist es, die Widersprüche zwischen Körper, Herz und Verstand sichtbar zu machen, und nicht mehr zu beschönigen.

 

2. Benenne deine Überlebensstrategien, lerne deine inneren Anteile kennen:

Nutze Parts Mapping (aus dem IFS-Modell), um aufzuschreiben, welche Anteile in dir in solchen Beziehungsmomenten aktiv werden: das abhängige Kind, das Angst hat verlassen zu werden, der innere Kritiker, der dir sagt, dass du nicht genug bist, der Anpasser, der alles tut, um geliebt zu werden. Frage dich: Was will dieser Anteil erreichen? Und was braucht er wirklich?

 

3. Unterbreche das Drama-Dopamin, dein Nervensystem braucht Entzug:

Führe ein mindestens 30-tägiges No-Contact-Reset-Protokoll durch: kein Kontakt, keine Nachrichten, keine Rückfälle ins alte System, keine Musik, Bilder oder Erinnerungsstücke, die dich triggern. Halte diesen Entzug wie ein Tagebuch fest, beobachte, was in deinem System passiert, wenn du ohne die "Dosis" leben musst. Ziel ist es, dein Nervensystem zu entkoppeln vom High/Crash-Zyklus.

 

4. Reparenting, werde selbst der Erwachsene, den du als Kind gebraucht hättest:

Führe täglich ein Dialogschreiben mit deinem inneren Kind: Schreibe aus der Sicht des Kindes, was du fühlst, wovor du Angst hast, was du brauchst. Dann antworte dir selbst aus der Perspektive eines stabilen, präsenten Erwachsenen. So entsteht innere Sicherheit, die du lange im Außen gesucht hast.

 

5. Bindung neu lernen, dein Körper muss Sicherheit mit Nähe verbinden dürfen:

Gehe in die somatische Ressourcenarbeit: Erdung, Atemarbeit, bewusstes Zittern, Halteübungen, Cuddle Therapy, Berührungsarbeit, Yoga. Dein Körper muss neu erfahren, dass Nähe auch ohne Schmerz möglich ist. Nutze Co-Regulation mit sicheren Menschen (nicht romantisch!) als Trainingsfeld.

 

6. Verändere deine Glaubenssätze, was du über Liebe glaubst, wurde dir beigebracht:

Führe einmal wöchentlich eine tiefe schriftliche Reflexion deiner Glaubenssätze über Liebe und Beziehung durch: Was glaube ich über Nähe? Woher stammt dieser Glaubenssatz? Was ist heute real? Was wäre eine gesunde, erwachsene Alternative? Glaubenssatzarbeit ist der Schlüssel zur Umprogrammierung deiner Beziehungsrealität.

 

7. Hol dir Begleitung, du musst das nicht alleine machen:

Suche dir einen traumasensiblen Therapeut*in (z. B. SE, IFS, NARM, EMDR), eine gute Gruppe, ein Retreat, eine Coaching-Begleitung. Es braucht Resonanzräume, in denen du dich sicher fühlen kannst, damit dein System merkt: Du bist nicht mehr allein. Du musst nicht mehr kämpfen.

 

Du bist nicht falsch, weil du dich gebunden fühlst. Du bist nicht schwach, weil du nicht loslassen kannst. Du bist geprägt. Und Prägung kann verändert werden. Nicht über Nacht. Nicht ohne Schmerz. Aber mit einem klaren Entschluss: Ich höre auf, mich selbst zu verraten.

 

Wenn du bleibst, obwohl du zerbrichst, ist das keine Liebe.

Das ist Überleben.

Und du darfst mehr wollen als das.

 

Echte Liebe zerstört dich nicht. Sie bringt dich in Frieden. Sie bringt dich zu dir zurück.

Und du wirst sie nur finden, wenn du vorher dich selbst findest.

 

Joe Turan 

 

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Joe Turan

– Life Coach

– Tantra- & Kuscheltherapeut

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