Wie erkennt man eigentlich, ob jemand wirklich intelligent ist?

Veröffentlicht am 6. Juli 2025 um 08:28

Nicht durch akademische Titel oder scharfsinnige Argumente, sondern durch etwas viel Tieferes und oft Übersehenes: durch Flexibilität Aka psychische Anpassungsfähigkeit. Und genau darin liegt die höchste Form von Intelligenz.

 

Denn je weniger gesund eine Persönlichkeit ist, desto starrer, rigider und unnachgiebiger reagiert sie auf das Leben. Je gesünder ein Mensch jedoch innerlich ist, desto beweglicher, anpassungsfähiger, neugieriger und offen ist er und das nicht nur im Denken, sondern auch im Fühlen, im Handeln, in Beziehungen, in Konflikten, im Umgang mit Verlust, Wandel, Unsicherheit und Schmerz.

 

Man kann es mit dem Körper vergleichen: Ein physisch gesunder Mensch hat eine gute Beweglichkeit in seinen Gelenken, eine elastische Muskulatur, kann sich beugen und strecken, ohne sofort zu verkrampfen oder zu verletzen. Genauso ist es mit dem Geist. Ein psychisch gesunder Mensch hat eine große Flexibilität in seiner inneren Welt, er kann Perspektiven wechseln, Emotionen halten, mit Widersprüchen leben, Fehler zugeben, neue Lösungen finden, wenn alte nicht mehr funktionieren, und dabei nicht seinen inneren Halt verlieren.

 

Diese mentale Flexibilität zeigt sich in mehreren Schlüsselbereichen: In der Fähigkeit zur Anpassung an neue Situationen, ohne sich selbst zu verlieren. In der Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung, also zu erkennen, was in einem selbst passiert – emotional, kognitiv, körperlich und gleichzeitig auch in der Wahrnehmung anderer, also Empathie, Resonanz, soziale Sensibilität. Sie zeigt sich in der Fähigkeit, kreative Lösungen zu finden, wenn gewohnte Wege nicht mehr funktionieren, statt sich in Gedankenschleifen oder starren Überzeugungen zu verfangen. Sie zeigt sich in der Fähigkeit zur Selbstregulation also Emotionen nicht zu unterdrücken oder impulsiv auszuleben, sondern zu halten, zu beruhigen, durchzuatmen und klug zu handeln. Und sie zeigt sich in der Fähigkeit, mit Enttäuschung, Frustration und Kontrollverlust klarzukommen, ohne in Ohnmacht oder Drama zu kippen.

 

Ich habe mit vielen Menschen gearbeitet, die schwere Traumata überlebt haben – Gewalt, Verlust, Missbrauch, emotionale Verwahrlosung. Diejenigen, die wirklich transformiert daraus hervorgegangen sind, hatten nicht unbedingt die meiste Willenskraft oder den größten Intellekt, sondern die größte innere Beweglichkeit. Sie konnten sich neu organisieren, neue Bedeutungen finden, neue Wege gehen – nicht, weil sie nie gebrochen waren, sondern weil sie sich nicht versteift haben. Weil sie gebogen wurden, aber nicht zerbrachen.

 

So wie ein Baum, der bei starkem Wind nicht starr stehenbleibt, sondern sich mitbewegt. Es ist genau diese Biegsamkeit, die ihn schützt.

 

Ein zentraler Teil dieser Fähigkeit ist Resilienz – und der Schlüssel zur Resilienz ist die Perspektive. Menschen, die resilient sind, neigen nicht dazu, jeden Rückschlag sofort als Weltuntergang zu interpretieren. Stattdessen fragen sie sich: "Wie wird sich das in einem Jahr anfühlen? Wird das wirklich noch wichtig sein? Was kann ich aus dieser Erfahrung mitnehmen?" Sie zoomen heraus, sie relativieren, sie lernen. Und durch diesen Perspektivwechsel verlieren Krisen ihre absolute Bedrohlichkeit sie werden zu Entwicklungssprüngen.

 

Ein weiteres Element von Flexibilität ist die Fähigkeit, sich selbst nicht mit allem zu identifizieren, was man erlebt. Das bedeutet: Statt in der reinen Subjektivität zu verharren ("mir passiert das, mir wird das angetan, ich bin das Opfer"), entsteht ein innerer Beobachter. Man tritt innerlich einen Schritt zurück, sieht sich und die Situation von außen, erkennt Muster, Dynamiken, Zusammenhänge. Und genau in diesem Abstand liegt die Freiheit: Wenn ein Plan scheitert, muss das nicht heißen: "Jetzt ist alles verloren", sondern: "Was ist ein anderer Weg, wie ich das lösen kann?" Es ist der Unterschied zwischen Reaktion und Antwort. Zwischen Impuls und Wahl.

 

Und auch das kann man trainieren. Anpassungsfähigkeit ist kein Talent, sondern ein Muskel. Je öfter du übst, dich innerlich zu distanzieren – dich also nicht sofort vom Affekt überwältigen zu lassen, desto leichter wird es mit der Zeit, klare Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet nicht, Gefühle zu unterdrücken. Es bedeutet, sie zu spüren, ohne ihnen ausgeliefert zu sein. Und daraus bewusst zu handeln.

 

Diese Übung beginnt im Kleinen. Wenn jemand dich kritisiert. Wenn deine Pläne sich zerschlagen. Wenn du müde bist und trotzdem präsent bleiben willst. Jedes Mal, wenn du atmest, beobachtest, statt automatisch zu reagieren, trainierst du deine Flexibilität. Du wächst über dich hinaus nicht durch Kontrolle, sondern durch bewusstes Loslassen.

 

Und allein die Tatsache, dass du dich gerade mit diesen Fragen beschäftigst, ist ein starkes Zeichen von Bewusstsein. Denn die wichtigste Voraussetzung für Veränderung ist nicht Wissen oder Strategie, es ist Erkenntnis. Es ist der Moment, in dem du siehst, was vorher unbewusst war. Und dieser Moment verändert alles.

 

Je öfter du übst, deinen Blick über den gegenwärtigen Moment hinauszuheben, je bewusster du mit dir und anderen umgehst, je klarer du wirst in deinen Reaktionen, desto mehr formst du aus deinem Geist ein hochintelligentes, lebendiges System. Eines, das nicht starr funktioniert, sondern kreativ, reaktionsfähig und verbunden ist.

 

Denn wahre Intelligenz zeigt sich nicht in deiner Rechenleistung, nicht in deinem Wissen oder deinem Vokabular, sondern in deiner Fähigkeit, das Leben zu nehmen, wie es kommt, und dennoch in Würde, Klarheit und Mitgefühl zu antworten.

 

Wenn du das kannst, hast du etwas kultiviert, das klüger ist als jede Theorie: eine flexible, gesunde und wache Psyche.

 

Joe Turan 

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