Wenn du wirklich glaubst, sie zu kennen…

Veröffentlicht am 2. Juni 2025 um 08:16

Du denkst, du kennst sie, wirklich kennst, weil du ihre Haut berührt hast, weil sie nackt vor dir stand, weil sie mit dir geschlafen hat, weil sie dich manchmal so anschaut, als würdest du für sie zählen. Vielleicht, weil sie über deine Witze lacht, weil sie dir sagt "Es ist nichts", wenn du spürst, dass da doch etwas ist. Du glaubst, körperliche Nähe sei automatisch seelische Vertrautheit, als wäre Intimität der Beweis für Tiefe, als gäbe dir ihr Körper Zugang zu ihrem Innersten.

 

Aber das tut er nicht.

 

Vielleicht kennst du den Klang ihrer Stimme, doch du kennst nicht die Stille, in der sie lebt. Nicht den Raum hinter ihren Worten, nicht das, was sie nie ausspricht. Du hast keine Ahnung, was sie nachts wach hält, nicht der Straßenlärm, nicht das Licht, nicht das Handy. Sondern der Lärm in ihr, die Gedanken, die sich anstauen, weil sie sie tagsüber unterdrückt, weil niemand merken darf, wie viel sie fühlt, wie sehr sie denkt, wie oft sie sich fragt, ob sie genug ist, für dich, für sich selbst, für diese Welt.

 

Es sind keine Monster unter ihrem Bett, die sie um den Schlaf bringen. Es sind Erinnerungen, Sätze, innere Stimmen mit scharfen Zungen: "Du bist zu viel", "Du bist zu kompliziert", "Du bist zu emotional". Und dann der schlimmste von allen: "Du bist nicht genug."

 

Während du längst eingeschlafen bist, liegt sie daneben. Wach. Mit offenen Augen. Mit einem Gewicht in der Brust, das du nie gespürt hast, weil sie es dir nie zeigt. Du denkst, sie ist ruhig, weil sie still ist. Aber du hörst nur nicht, wie laut es in ihr tobt.

 

Sie lächelt, weil sie muss, weil sie früh gelernt hat, dass Wut unbequem ist, dass leise sein sicherer ist, weil sie niemandem zur Last fallen will, weil sie stark wirken muss, auch dann, wenn sie innerlich längst aufgibt.

 

Und du glaubst, du bist ihr nah? Dann sag mir, kennst du ihre Träume?

 

Nicht die, die sie beiläufig im Gespräch erwähnt. Nicht die beruflichen Ziele, die sie auf Instagram postet. Ich rede von den echten Träumen, den gefährlichen, den zarten, den verletzlichen, denen, die richtig wehtun, wenn sie nicht wahr werden.

 

Sie träumt davon, frei zu sein. Nicht in einem oberflächlichen "Ich bin unabhängig"-Sinn, sondern wirklich frei. Frei von Erwartungen, von Rollen, von ständiger Selbstzensur. Frei, zu weinen, wenn es zu viel wird. Frei, nein zu sagen, ohne sich erklären zu müssen. Frei, nichts leisten zu müssen, um geliebt zu werden.

 

Sie träumt von Arbeit, die sie nicht ausbrennt. Von Gesprächen, die tiefer gehen als Wetter, Urlaub und Zielerreichung. Von Freundschaften, in denen nicht nur das Schöne Platz hat. Von einer Liebe, die nicht bewertet, nicht formt, nicht still und heimlich etwas zurückhält, sondern hält.

 

Vielleicht träumt sie von Kindern. Vielleicht auch nicht. Vielleicht träumt sie von einem Haus im Grünen. Oder einfach nur von Ruhe.

 

Von einem Ort, an dem sie atmen kann, ohne ständig den Bauch einzuziehen. Von einem Menschen, bei dem sie nicht erklären muss, warum sie schweigt. Von einem Moment, in dem sie ehrlich sagen kann: "Ich bin angekommen, in mir."

 

Und weißt du, was sie sich heimlich wünscht, wenn sie abends die Augen schließt?

 

Frieden.

 

Nicht den oberflächlichen, nicht den, den man sich tätowiert oder in Yoga-Retreats bespricht. Sondern den echten Frieden, den, der leise ist, der, der sich breitmacht, wenn der Kampf vorbei ist, wenn man aufhört, sich zu verstellen, wenn man einfach sein darf.

 

Sie sehnt sich nach einem Zuhause, das nicht aus Wänden besteht, sondern aus Blicken. Nach einer Stimme, die sagt: "Du darfst sein. Genau so. Nichts an dir ist falsch."

 

Sag mir, kennst du ihren Schmerz?

 

Weißt du, was sie als Kind verletzt hat? Ob du je gefragt hast, in welchem Moment sie gelernt hat, sich selbst zurückzunehmen, um nicht verlassen zu werden? Weißt du, warum sie schreibt, nicht als Spielerei, sondern als Rettung? Warum sie malt, als würde sie durch Farben atmen? Warum sie minutenlang ins Leere starrt und danach "Nichts" sagt, obwohl in ihr gerade alles bebt?

 

Kennst du ihren Vater, ihre Mutter, die Sätze, die sie geprägt haben, und die sie bis heute mit sich trägt? Weißt du, wie oft sie gelächelt hat, obwohl sie innerlich fast zerbrochen ist? Wie oft sie geschwiegen hat, um keinen Streit zu riskieren? Wie oft sie ihre Bedürfnisse runtergeschluckt hat, nur um nicht als zu anstrengend zu gelten?

 

Nein. Du hast vielleicht ihren Körper gesehen. Aber du hast sie nie wirklich nackt gesehen.

 

Denn nackt ist nicht, wenn die Kleidung fällt. Nackt ist, wenn Kontrolle fällt. Wenn jemand sich zeigt, ohne Schutz, ohne Filter. Wenn sie dir Räume öffnet, in denen sie selbst kaum Luft bekommt. Wenn du sehen darfst, was sie sich selbst nicht erlaubt. Das ist wirklich nackt.

 

Und diesen Anblick halten nur wenige aus.

 

Aber wenn du den Mut hast, nicht den Mut, sie zu besitzen oder zu definieren, sondern den Mut, sie zu sehen, wirklich zu sehen, dann vielleicht, ganz vielleicht, zeigt sie dir, wer sie ist. Und wer sie war, bevor sie gelernt hat, sich zu verstecken.

 

Wenn du sie wirklich kennen willst, dann hör auf, Antworten zu erwarten. Fang an, Fragen zu stellen, für die du noch kein Konzept hast. Und schweig, wenn sie beginnt, zu erzählen.

 

Joe Turan

 

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Joe Turan

– Life Coach

– Tantra- & Kuscheltherapeut

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