
Manche Menschen verbringen ihr ganzes Leben damit, sich mit der Frage zu beschäftigen, was nach dem Tod geschieht, ob wir in irgendein himmlisches Reich aufsteigen, durch Reinkarnation zurückkehren oder einfach im Nichts verschwinden. Sie führen endlose Debatten, schließen sich religiösen oder spirituellen Gemeinschaften an, übernehmen Rituale, meditieren, fasten oder füllen ihren Kalender mit Selbstverbesserungsroutinen, alles im Namen der Vorbereitung auf etwas, das vielleicht nie kommt.
Und doch vergessen sie dabei das Einzige, was ihnen garantiert ist, das Leben, das sie gerade jetzt führen.
Sie vergessen, was es bedeutet, das Leben wirklich zu schmecken, die Süße einer reifen Pflaume, das Zittern des Körpers, wenn eine Wahrheit endlich ausgesprochen wird, die chaotische Schönheit eines hemmungslosen Lachens mitten in der Nacht, die heilige Stille, wenn man ganz und gar mit jemandem präsent ist, der nichts von einem erwartet, außer dem Dasein.
Sie behandeln den Tod wie eine Prüfung, die sie bestehen müssen, als gäbe es ein finales Urteil, das sie belohnt oder bestraft. Aber die Wahrheit ist viel dringlicher und viel herausfordernder, der Tod ist nicht die Prüfung. Das Leben ist es.
Dr. Irvin Yalom, ein angesehener existenzieller Psychiater, machte einmal eine kraftvolle Beobachtung, die durch spirituelle Abstraktionen und intellektuelle Ausflüchte hindurchschneidet. Er sagte: "Je weniger du dein Leben lebst, desto größer ist deine Angst vor dem Tod." Er sprach nicht metaphorisch, auch nicht spekulativ. Er meinte es ganz wörtlich.
Die Menschen, die zu ihm kamen, voller Panik und Angst vor dem Tod, waren nicht jene, die voll gelebt hatten. Es waren nicht die, die Risiken eingegangen, geliebt, gescheitert, berührt und die Fülle des Menschseins gekostet hatten. Nein, es waren jene, die durch Gewohnheit überlebt hatten. Die sich durch Routine, Höflichkeit, Produktivität und Leistung betäubt hatten. Die überlebt, aber nie wirklich gelebt hatten.
Mehr noch, es waren Menschen, die ihrem eigenen Potenzial nie auch nur nahegekommen waren. Die ihre inneren Sehnsüchte zum Schweigen gebracht, ihre tieferen Neugierden ignoriert, das Ziehen in Richtung etwas Echtem verleugnet hatten. Sie hatten ihre Stimme nie ganz benutzt. Sie hatten nie versucht, in ihre eigene Größe hineinzuwachsen. Sie hatten sich nie erlaubt, ohne Rüstung zu lieben oder mit Würde zu scheitern. Und als der Tod näher rückte, hatten sie nicht nur Angst vor dem Ende, sie wurden von der Erkenntnis heimgesucht, dass sie kaum begonnen hatten.
Kein Glaubenssystem, kein Versprechen eines Jenseits, keine tröstliche Vorstellung von Wiedergeburt oder Transzendenz konnte den Schmerz eines nur halb gelebten Lebens lindern. Kein theologisches Argument konnte den Schmerz zudecken, zu wissen, dass man sich nie die Chance gegeben hatte, das zu werden, was man hätte sein können.
Heidegger bot keinen Trost, sondern Klarheit, eine Klarheit, die Illusionen verbrennt. Er sprach vom "Sein zum Tode", nicht als morbides Konzept, sondern als dringliche Einladung zum Erwachen. Um bewusst zu werden, dass das Leben kein passiver Prozess ist, sondern etwas, für das man selbst grundlegend verantwortlich ist. Er forderte uns auf, Leben zu erschaffen, mit Engagement, Verbindung und Bedeutung. Leben, das sich wahr anfühlt, nicht gespielt. Leben, das wir mit Stolz sagen könnten, ich habe es wirklich gelebt.
Und dann kam Nietzsche, mit seinem schonungslosen Spiegel. In "Also sprach Zarathustra" stellte er die Frage, die kein Ausweichen erlaubt, was, wenn ein Dämon in deinem einsamsten Moment zu dir käme und dir ins Ohr flüstert, dass du genau dieses Leben, das du jetzt lebst, immer und immer wieder leben müsstest, genau so wie es ist, für alle Ewigkeit?
Jede Reue. Jede Lüge. Jede Stille. Jede Freude, jeder Verrat, jedes verpasste Risiko. Jeder Abend, den du mit Scrollen statt mit Schaffen verbracht hast. Jeder Moment der Selbstverleugnung. Jede Wahrheit, die du nicht ausgesprochen hast.
Was würdest du tun?
Würdest du auf die Knie fallen und schreien? Würdest du diesen Dämon für seine Grausamkeit verfluchen? Oder würdest du ihm in die Augen sehen und sagen: "Du bist ein Gott, und ich würde dieses Leben wieder leben."
Denn wenn du dieses exakte Leben nicht noch einmal leben wollen würdest, ohne auch nur einen einzigen Atemzug zu verändern, warum lebst du es dann genau so jetzt?
Das ist keine Frage, die dich beschämen soll. Es ist ein Spiegel, ohne Gnade, aber auch ohne Bosheit. Es ist ein Moment radikaler Konfrontation. Denn die schmerzhafteste Erkenntnis ist nicht, dass das Leben endet, sondern dass man es möglicherweise nie wirklich begonnen hat.
Nietzsche bot einen Ausdruck, Amor Fati, liebe dein Schicksal. Nicht dulde es. Nicht überlebe es. Sondern liebe es. Und wenn du es nicht lieben kannst, dann ändere es, so lange, bis du es kannst.
Du hast kein Anrecht auf mehr Zeit. Du hast keinen Anspruch auf einen zweiten Versuch. Aber du hast jetzt. Und du wirst nicht gebeten, perfekt zu werden. Du wirst gebeten, lebendig zu werden.
Du hast diesen einen Atemzug. Diesen einen Moment, um zu sagen, ich werde das nicht verschwenden. Ich werde nicht warten, bis die Angst weg ist. Ich werde trotzdem losgehen. Ich werde wieder riskieren. Ich werde sagen, was gesagt werden muss. Ich werde fühlen, was ich vermieden habe. Ich werde werden, was ich tief in mir immer wusste, dass ich sein kann, wenn ich es mir nur erlaube.
Denn die, die den Tod am meisten fürchten, sind nie die, die voll gelebt haben. Es sind nicht die, die zu tief geliebt, spektakulär gescheitert, sich Narben geholt und wieder aufgestanden sind. Es sind nicht die, die mit Verletzlichkeit, Klarheit und Mut gelebt haben. Nein, die Menschen, die den Tod am meisten fürchten, sind die, die nie wirklich versucht haben. Die sich angepasst haben. Die Sicherheit über Sinn gewählt haben. Die "nicht jetzt" zu ihrer tieferen Berufung gesagt haben, bis die Uhr abgelaufen war.
Diese Angst am Ende? Das ist keine Angst vor dem Unbekannten. Das ist Trauer. Trauer um das Leben, das man gespürt, aber nie berührt hat. Trauer um das Potenzial, das all die Jahre in einem geflackert hat, und nie brennen durfte.
Hör auf, dich zu fragen, was danach kommt. Fang an, dich zu fragen, was jetzt geschieht. Bist du präsent? Bist du ehrlich? Bist du wach? Bist du stolz auf das, was du heute lebst, denn wenn der Dämon heute Nacht käme, würdest du zu der ewigen Wiederholung genau dieses Tages Ja sagen?
Es geht nicht um Druck. Es geht um Erlaubnis. Um aufzuhören zu warten. Um aufzuhören zu funktionieren. Um aufzuhören, von einem zukünftigen Ideal zu träumen, und stattdessen ein Leben zu erschaffen, das sich jetzt echt anfühlt. Ein Leben, das du wieder und wieder leben würdest, nicht weil es perfekt ist, sondern weil es deins ist.
Sag mir, vor welchem Teil von dir versteckst du dich noch? Und wann hast du beschlossen, dass dieser Teil das Risiko nicht wert ist? Denn diese Version von dir, die mit Feuer in der Stimme, die springt, die aus dem Bauch atmet statt aus der Angst, ist immer noch da. Und die Zeit ist nicht auf deiner Seite. Aber die Wahrheit könnte es sein.
Und die Wahrheit ist einfach, erschütternd und wunderschön: Du hattest nie Angst vor dem Tod. Du hattest Angst, zu sterben, bevor du wirklich gelebt hast.
Also lebe.
Jetzt.
-Joe Turan
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Joe Turan
– Life Coach
– Tantra- & Kuscheltherapeut
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