
Viele Jahre habe ich nicht gewusst, wie ich in Situationen mit Druck, mit Aufregung, mit diesem unterschwelligen sozialen Zittern gehen soll, ohne etwas im Blut zu haben, das mich runterzieht, das mich glättet. Vor einem Vortrag, vor einem wichtigen Meeting, manchmal einfach vor einem Abend mit Menschen. Ein oder zwei Drinks. Das war für mich, was andere als Vorbereitung nennen. Das war meine Art, "bereit" zu sein.
Ich habe nicht getrunken, weil es Spaß machte. Ich habe getrunken, weil ich nicht anders konnte. Weil es für einen Moment das Gefühl gab, ich sei jemand, der halbwegs okay ist. Manchmal nicht einmal ich selbst, sondern jemand, den ich zumindest ertrage.
Und ja, das hat funktioniert. Bis es das eben nicht mehr tat.
Was ich irgendwann verstanden habe, hat alles verschoben. Und wenn du Alkohol nutzt, um selbstbewusster zu sein, dich geerdet, verbunden oder einfach okay zu fühlen, könnte es vielleicht auch bei dir etwas ändern.
Lass uns kurz darüber reden, was Alkohol in deinem System eigentlich macht.
Was Alkohol in deinem Gehirn wirklich tut
Wenn Alkohol in dich kommt, entspannt er dich nicht einfach mental, das ist nicht nur ein Gedanke, der sich beruhigt, das ist ein chemischer Vorgang, der dein ganzes System für ein paar Stunden neu verdrahtet. Vier große Systeme spielen dabei mit:
GABA dein wichtigster Neurotransmitter, wenn es darum geht, dass etwas ruhiger wird, dass du stiller wirst innen drin, weniger getrieben. Alkohol fördert GABA massiv. Darum fühlen sich Menschen mit Angst nach einem Drink oft so, als würde endlich der Sturm abebben.
Glutamat das Gegenteil, das Gas. Wenn Glutamat oben ist, bist du angespannt, überreizt, auf alles reagierend. Alkohol drückt das runter. Deswegen ist nach einem Drink alles weniger scharf: der Lärm, der Druck, die Blicke anderer, sogar Schmerzen.
Dopamin der Belohnungsstoff. Alkohol kickt Dopamin schnell und heftig nach oben. Das ist dieses "jetzt fühle ich mich lebendig, ich hab Lust, mich zu verbinden, ich fühle mich offen".
HRV Herzfrequenzvariabilität sie steigt kurzfristig, du fühlst dich mehr im Körper, nicht mehr so eingefroren oder von dir getrennt. Für Menschen mit Trauma oder chronischem Stress fühlt sich das an wie endlich ankommen.
Also ja, wenn jemand sagt: "Ich fühle mich einfach besser, wenn ich trinke", das ist keine Übertreibung. Chemisch gesehen stimmt das.
Und dann? Der Absturz.
Wenn der Effekt weg ist, fällt GABA unter die Basislinie. Angst kehrt zurück, oft stärker. Glutamat steigt wieder. Du bist reizbar, überstimulierbar, wütend vielleicht. Dopamin stürzt ab, du fühlstdich platt, unmotiviert, innerlich taub. HRV fällt, dein Nervensystem geht zurück in den Modus Trennung.
Das ist der Kater, manchmal sogar ohne dass du ihn Kater nennst. Es ist nicht einfach die Reaktion auf Alkohol selbst, es ist die Reaktion auf einen krassen neurochemischen Swing. Darum fühlen sich Menschen, die Alkohol nutzen, um irgendwie klarzukommen, am nächsten Tag oft so, als wäre innen alles aufgerissen. Tränen am Badezimmerboden. Leere. Keine Motivation. Depression.
Das ist der Grund, warum "ein Drink zur Entspannung" bei vielen irgendwann zu etwas wird, das nicht mehr so einfach weggelegt werden kann. Nicht, weil du schwach bist, sondern weil dein Körper gelernt hat: Da ist etwas, das korrigiert ein Ungleichgewicht. Nur eben für kurze Zeit.
Wie man das nachahmen kann – und wie man das Problem an der Wurzel heilt
Wir gehen System für System durch. Ich gebe dir Werkzeuge, die das gleiche biochemische Terrain berühren, nur ohne Alkohol, ohne diesen Absturz danach. Und das Ziel ist nicht ein Ersatzkick, sondern wieder herzustellen, was dein System ursprünglich braucht.
GABA Ruhe, Stille, Anti-Angst. Magnesium Glycinat abends, 200–400 mg. L-Theanin aus grünem Tee, 100–200 mg, wann immer das System überkocht. Kava als starkes, aber nicht abhängig machendes GABA-Tool, wenn du soziale Angst hast oder einfach abends runterkommen willst. Zitronenmelisse als sanftes Kraut für ruhige Nächte. Taurin, um GABA und Glutamat zu balancieren. Und Gewicht, Druckstimulation, tiefer Druck, das bringt dein parasympathisches System hoch.
Glutamat runterregeln. Wieder Magnesium. Taurin. Ashwagandha, ein Adaptogen, das die Stressachse glättet. Kein MSG, kein Aspartam, wenn du eh schon überreizt bist. Hitze, Infrarotsauna, ein anderes Nervensystemfenster.
Dopamin aktivieren. Kaltwasser. Eintauchen, kalte Dusche. Das gibt dir Stunden Motivation. Morgensonne, 20–30 Minuten, Licht macht was mit dir. Bewegung, Krafttraining, Tanzen. Alles, was Erfolge spürbar macht. Tyrosin als Dopaminvorläufer, wenn es passt. Rhodiola für Energie. Neues ausprobieren. Menschen sehen.
HRV hochfahren. Langsam atmen. Box-Breathing, lange Ausatmung. HRV-Tracker, wenn du magst. Yoga, sanftes Cardio, Summen, Singen, Augenkontakt, Umarmungen, Massagen. Das alles reguliert.
Komplette Reset-Tools wie NSDR, Float Tanks, Barfußgehen, Rewilding, Vor-Event-Rituale ohne Alkohol: Atmung, Kälte, Bewegung, Musik.
Erweiterte, klinische Wege Mucuna Pruriens, Phenibut nur mit Begleitung, LDN, Neurofeedback.
Und ja, Meditation. Nicht um "spirituell" zu sein, sondern weil sie direkt auf die gleiche Neurochemie zielt, die du bisher mit Alkohol beeinflusst hast. Meditation verändert Struktur und Funktion im Gehirn, steigert GABA, senkt Glutamat, stabilisiert Dopamin, verbessert HRV. Du wirst ruhiger, präsenter, du lernst dein Nervensystem zu regulieren, statt es von außen zu betäuben.
Wenn du lange in diesem Modus warst von überreizt, getrennt, innerlich rastlos, ist Meditation kein Wellness-Trick. Es ist Training. Ein Muskel, der dein emotionales Gleichgewicht hält. Und am Anfang reicht es, nur zu sitzen, zu atmen, nichts zu tun. Es wird nicht sofort magisch sein. Aber es wird etwas verschieben.
Du musst dich nicht schämen, dass du Alkohol genutzt hast, um irgendwie zu funktionieren. Dein Körper hat dir nur gezeigt, dass etwas aus dem Gleichgewicht war. Jetzt hast du Werkzeuge, die nachhaltiger sind. Du musst nicht trinken, um dich zu entspannen, um dich zu verbinden, um dich vollständig zu fühlen. Das lässt sich trainieren. Von innen aufbauen. Es braucht Zeit, aber es hält.
Wenn Alkohol dir geholfen hat, menschlich zu fühlen, dann ist das hier die Einladung, deine Menschlichkeit ohne ihn zurückzuholen.
Hinweis: Dies ersetzt keine medizinische Beratung. Sprich mit deinem Arzt, bevor du irgendetwas einnimmst oder veränderst. Jeder Körper reagiert anders.
Joe Turan
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